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1. Was macht ein Spiel zu einem Spiel ?

Erfahrungen und Ansichten eines Spieleautors

 

Inhalt

Es ist das Spiel, und nur das Spiel, das den Menschen vollständig macht. (nach Schiller)

Diesen Artikel schreibe ich als Spieleautor und nicht als Wissenschaftler. Ich schreibe über das Wesen des Spiels und über seine besonderen Eigenschaften, die es zu einem herausragenden Unterhaltungsmedium machen, wie es kein vergleichbares gibt.

Ich werde auf folgende Punkte eingehen:

  • Was ist eigentlich ein Spiel? - Abgrenzung des Spielbegriffs.
  • Woraus besteht ein Spiel? - Spielmaterial und Spielregel.
  • Das Wesen des Spiels oder was ein Spiel zum Spiel macht?

Ich versuche zu ergründen, welche besonderen Eigenschaften Spiele haben, und wodurch sie sich ganz wesentlich von allen anderen Unterhaltungsmedien unterscheiden.

  • Spiele sind Kulturgüter. - Wie alt sind/werden Spiele?

 

  1. Was ist eigentlich ein Spiel?

Spiele sind das, was das Leben lebenswert macht.

Das Spiel ist wie eine glitschige Seife. Wenn wir versuchen, sie zu fassen, ist sie uns auch schon wieder entglitten. Anscheinend will das Spiel, daß wir mit ihm spielen, es will wohl nicht, daß wir es begreifen.

Wenn ich in diesem Artikel über das Spiel schreibe, so meine ich nicht den allumfassenden Spielbegriff, bei dem als Spiel jede Tätigkeit angesehen wird, die ohne bewußten Zweck, sondern nur aus Vergnügen an der Tätigkeit ausgeübt wird. Hierunter fallen dann Tätigkeiten wie z.B. Tanzen, Musizieren, Schauspielen, Bauchreden, Spielen mit Puppen oder mit der Eisenbahn usw. Diese Definition ist heute allgemein üblich und kommt auch in den Werken von Johan Huizinga (Homo Ludens, 1938) und Friedrich Georg Jünger (Die Spiele, 1959) zum Ausdruck. Es gibt aber noch mehrere Definitionen des Spiels. Manfred Eigen und Ruthild Winkler gehen in ihrer Definition weit über die Interpretation von Huizinga hinaus (Das Spiel, 1975). Sie sehen das Spiel als Naturphänomen, das in seiner Zweiteilung von Zufall und Notwendigkeit allem Geschehen zugrunde liegt. In der Anwendung auf die Kunst käme ihre Verallgemeinerung des Spielbegriffs eher den Auffassungen Adornos entgegen, der sich in der Identifizierung von Spiel und Kunst deutlich von Huizinga abgrenzt.

In diesem Artikel ist das Spiel in viel engerem Sinne gemeint. Ich schreibe über die Spiele, zu denen u.a. Schach, Mühle, Dame, Halma, Go, Mensch ärgere Dich nicht, Monopoly, Scrabble, Skat, Romme´, Bridge, Memory, Mikado, Domino usw. usw. gehören. Leider kennt die deutsche Sprache kein eindeutiges Wort, keinen Oberbegriff, mit dem diese Spiele bezeichnet werden. Auch Begriffe wie Gesellschaftsspiel, Tischspiel, Brettspiel, Kartonspiel oder Wettbewerbsspiel sind zu einseitig und reichen nicht aus, das Spiel in diesem engeren Sinn umfassend zu beschreiben. Der Begriff Regelspiel ist noch am ehesten geeignet.

Die Welt dieser Spiele ist vielschichtig und mannigfaltig. Der nächste Abschnitt zeigt, welche Arten von Spielen es gibt und wie man sie einordnen kann.

 

2. Aus was besteht ein Spiel?

Die Quelle alles Guten liegt im Spiel (Friedrich Fröbel)

Ein Spiel besteht immer aus Spielmaterial und aus einer Spielregel, die das Spielziel, den Spielbeginn, den Spielablauf und das Spielende festlegt. Das Material ist die Hardware, die Spielregel ist die Software. Beide machen das Spiel aus. Beide können unabhängig von einander existieren, ergeben dann aber kein Spiel. Die Archäologie entdeckt immer wieder uralte Spielbretter und Spielsteine, aber niemand kennt die Spielregeln dieser antiken Spiele. Dies bedeutet, daß man nie wissen wird, wie diese Spiele abgelaufen sind. Sicherlich kann man zu diesem Spielmaterial neue Regeln entwickeln und so ein Spiel entstehen lassen, das aber sehr wahrscheinlich ein völlig anderes Spiel ergeben wird. Dies zeigt, daß ein bestimmtes Spielmaterial mit anderen Regeln kombiniert werden kann, umgekehrt kann aber auch eine Regel mit unterschiedlichem Spielmaterial kombiniert werden.

Angenommen, wir hätten die Regeln von Halma, würden aber kein Spielbrett besitzen und müßten das Spiel rekonstruieren. Wie soll das Spielbrett aussehen? Wie viele Felder soll es haben? Welche Form haben die Felder, quadratisch, sechseckig, rund? Wie sind die Felder angeordnet? Haben alle Felder die gleiche Größe oder gibt es Felder mit unterschiedlicher Größe?

 

2.1 Welches Spielmaterial wird in Spielen verwendet?

Würfel und Spielregel - das sind die Symbole für Zufall und Naturgesetz (Manfred Eigen)

In den meisten Spielen finden wir eine Kombination von folgendem Spielmaterial: Figuren, Spielplan, Spielsteine, Würfel, Spielkarten, Chips, Spielgeld, Abrechnungsblock und Bleistift. Dies legt die Vermutung nahe, daß das Spielmaterial bei Spielen begrenzt ist. Dem ist aber nicht so. Es gibt beim Spielmaterial keine Begrenzung. Wenn wir uns Mühe geben, so werden wir Spiele finden, in denen nicht herkömmliches Spielmaterial enthalten ist. So gibt es Spiele, in denen nur Bausteine oder Holzteile enthalten sind (z.B. Jenga, Bausack), es gibt Spiele, in denen nur Steine enthalten sind (Talking Stones). Es gibt Spiele mit Spiegeln, Magneten, Beuteln, Ketten, Ringen, Kugeln, Perlen, Pfeilen, Kerzen, Muscheln, Bohnen, Halbedelsteinen, Edelsteinen, Duftmaterial, Augenbinden, Wippen, speziellen Zufallsgeneratoren, Plastikobjekten jeglicher Art, Motoren, elektrischen oder elektronischen Bauteilen und Computern. Wie gesagt, es gibt beim Spielmaterial keine Grenzen.

 

2.2 Wie sehen die Spielregeln aus?

Das Leben ist Chaos, Spiele sind Ordnung,

das Leben ist Dschungel, Spiele sind Garten.

Die Spielregel ist viel, viel mehr als eine Anweisung an den menschlichen Geist, sie ist das Herz eines Spiels, sie ist das Spiel selbst.

Alle Spielregeln sind in der Regel sehr ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus folgenden Abschnitten:

  • Impressum: Hier wird eine Charakteristik des Spiels gegeben. Es können folgende Angaben gemacht werden:
  • Verlag,
  • Name des Spiels, Artikelnummer des Spiels, Erscheinungsjahr,
  • Copyright,
  • Autor,
  • Illustrator, Designer, Grafiker,
  • Redakteur,
  • Anzahl Spieler, für die das Spiel geeignet ist,
  • Spielalter, ab welchem das Spiel gespielt werden kann,
  • Spieldauer,
  • Art des Spiels (z.B. Glücks-, Taktik-, Memory-, Reaktionsspiel)
  • Spielmaterial: Hier wird das Spielmaterial aufgezählt, meist auch gezeigt und beschrieben.
  • Spielziel: Hier werden das Ziel des Spiels und die Siegbedingungen erläutert.
  • Spielvorbereitung: Hier werden alle vorzubereitenden Tätigkeiten beschrieben, die erforderlich sind , bevor das Spiel beginnen kann.
  • Spielablauf: Das Herzstück einer Spielregel ist die Beschreibung des Spielablaufs mit Beispielen und Illustrationen.
  • Spielende: Hier werden die Endebedingungen definiert und erläutert, wie der Sieger ermittelt wird.
  • Anhang: In den meisten älteren Spielen ist kein Anhang vorgesehen. Dagegen finden wir ihn in manchen neueren Spielen. Ein Anhang kann folgende Abschnitte enthalten:
  • Beschreibung von Spielvarianten
  • Beschreibung einer Profiregel, eventuell auch einer Turnierregel
  • Hinweise zur Spieltaktik

Es läßt sich leicht vorstellen, daß es unendlich viele Spielregeln und damit auch unendlich viele Spiele geben kann. Und dennoch haben die Spiele Grenzen, die weder im Spielmaterial noch in den Spielregeln, sondern im Wesen des Spiels selbst liegen.

Jeder, der gerne spielt, kennt die Empfindungen, die bei einem Spiel auftreten: Spannung und Entspannung, Freude und Ärger, Hoffnung und Enttäuschung, Überraschung und Neugierde, Fröhlichkeit, mitunter auch Ausgelassenheit, das Gefühl mit anderen in lockerer Atmosphäre zusammen zu sein und das Gefühl der Freiheit. Er weiß aber auch, daß es Gefühle gibt, die ein Spiel nicht vermitteln kann, die aber ein Buch, eine Musik oder ein Film auslösen können: Liebe, Sehnsucht, tiefes Glücksempfinden, Schmerz, Trauer und Angst.

Ich selbst habe versucht, Spiele zu entwickeln, die auch diese Gefühle erzeugen können. Heute glaube ich, daß es Spiele, die solche Gefühle erzeugen können, gar nicht geben kann, weil diese Gefühle dem Wesen des Spiels nicht entsprechen. Warum das so ist, will ich im nächsten Abschnitt begründen.

 

3. Das Wesen des Spiels oder was ein Spiel zum Spiel macht

Das Spiel bindet und löst. Es fesselt. Es bezaubert. Es ist voll von den beiden edelsten Eigenschaften, die der Mensch an den Dingen wahrzunehmen und auszudrücken vermag: Es ist erfüllt von Rhythmus und Harmonie (Huizinga, Homo Ludens).

Es gibt Kriterien, die allen Spielen zugrunde liegen und es gibt Kriterien, die nur dem Spiel im engeren Sinn zu eigen sind. Zuerst will ich die Kriterien beschreiben, die von allen Unterhaltungsmedien nur das Spiel (im engeren Sinne) aufweisen kann.

 

3.1 Spielregeln

Jedes Spiel ist eine eigene kleine Welt.

Neben dem Spielmaterial ist es die Spielregel, die ein Spiel definiert. Alles, was innerhalb der Regel stattfindet, gehört zum Spiel. Alles, was außerhalb der Regel abläuft, gehört nicht mehr zum Spiel. Die Spielregeln sind die Grenzen und das Herz eines Spiels. Sie beziehen sich nur auf das Spiel und existieren nie außerhalb des Spiels. Obwohl das Spiel eindeutige Regeln besitzt, die Gesetzen gleichkommen, ist das Spiel dennoch frei, denn eine Teilnahme am Spiel ist frei und kann nicht erzwungen werden. Wer in ein Spiel eintritt, bindet sich freiwillig an dessen Regeln. Wo ein Zwang besteht, besteht kein Spiel mehr.

Alle Spiele, die keine Regel haben, gehören nicht zu den Spielen im engeren Sinn, so z.B. das Spielen mit Gegenständen (Puppen, Eisenbahn, Kaufmannsladen).

 

3.2 Spielziel

Das Spiel hat seinen Verlauf und seinen Sinn in sich selbst. (Johan Huizinga).

Jedes Spiel hat ein Spielziel. Dabei sind die beiden folgenden Definitionen zu unterscheiden:

  • Die Siegbedingung
  • Das Ziel, auf das die Spieler hinarbeiten, um zu gewinnen.

Den Unterschied zwischen beiden Definitionen, mache ich mit einem Beispiel deutlich: In dem Spiel GO lautet die Siegbedingung, die meisten Punkte zu erzielen. Um dies zu erreichen, muß man Raum gewinnen. Also ist das Ziel, auf das die Spieler hinarbeiten, der Raumgewinn. Deshalb definiere ich als Spielziel das Ziel, auf das die Spieler hinarbeiten, um zu gewinnen.

Es gibt Tausende von Spielen, es gibt aber nur eine geringe Anzahl von Spielzielen. Dies bedeutet, daß die meisten Spiele die gleichen Spielziele haben. Dies ist zunächst verblüffend. Wenn wir uns aber vor Augen halten, daß es bei jedem Spiel Sieger und Verlierer gibt, muß das Spielziel etwas Meßbares sein, das relativ einfach gemessen und in einem Spiel dargestellt werden kann. Nachfolgend zähle ich die wichtigsten Spielziele auf. In Klammern füge ich einige signifikante Spiele an.

  • Start-Ziel-Spiele: Es gilt, als erster bestimmte Zielfelder zu erreichen (Malefiz, Top Race, Hase und Igel, Halma, Jockey, Mensch ärgere dich nicht, Gänsespiel). In diese Rubrik fallen z.B. auch alle Reisespiele, bei denen mehrere Orte angelaufen werden müssen (z.B. Deutschlandreise).
  • Die meisten Punkte, das meiste Geld usw. zu besitzen. (Monopoly, Börsenspiel, Aquire, Auf Achse, Kuhhandel, Kniffel, Café International, Drunter und Drüber). In diese Rubrik fallen auch Spiele, bei denen es darum geht, eine bestimmte Anzahl Geld, Punkte usw. zu erzielen. (Die erste Million, Mankomania, Lotto)
  • Figuren erobern. (Schach, Mühle, Dame, Abalone, Stratego, Focus, Fang den Hut, Laska, Schiffe versenken)
  • Raumgewinn erzielen. (Go, Risiko, Cathedral, Diplomacy, Targui, Löwenherz, El Grande)
  • Aufgaben, Codes, Rätsel, Quizfragen lösen. (Mastermind, Cluedo, Sleuth, Egg- head, Tangram, Barbarossa, Tatort: Nachtexpress, Terra Turrium, HeroQuest, kooperative Spiele, Fantasy Rollenspiele, Trivial Persuit, Outburst, Haste Worte, Tabu)
  • Bestimmte Formationen herstellen oder verhindern. (Vier gewinnt, Gobang, Sogo, Banda, Loa, Hydra)
  • Schnellste Reaktion haben. (Spitz paß auf, Speed, Halli Galli, Schnipp schnapp)
  • Einsturz verhindern. (Jenga, Packesel, Kippling, Stapelmännchen, Bamboleo)
  • Sich etwas merken. (Memory, Paternoster, Der zerstreute Pharao, Das Geheimnis der Pyramide)
  • Richtiges Einschätzen. (LifeStyle, Therapy, Personality)

Es gibt noch einige weitere Spielziele und es gibt auch Spiele mit mehreren Zielen, die dann auch in mehrere Rubriken eingeordnet werden können, z.B. Geister, Feudal.

 

3.3 Ein Spielablauf ist nie gleich

Spiele sind auch nach vielem Spielen immer noch neu, wie beim erstenmal, weil sie jedesmal anders ablaufen.

Diese Eigenschaft ist von allen Unterhaltungsmedien nur dem Spiel eigen. Wer ein Buch liest, einen Film betrachtet oder Musik hört, kann dies auch beliebig oft wiederholen, aber der Ablauf und der Inhalt ist immer derselbe. Ein Spiel kann man aber beliebig oft spielen, und der Ablauf wird immer ein anderer sein. Bei jedem Spiel ist der Ablauf unbekannt und es ist ungewiß, wer das Spiel gewinnen wird. Dies macht Spiele so spannend und reizvoll. Die Ursache dafür liegt in der Spielregel und am Zufall, der in jedem Spiel eine mehr oder weniger große Rolle spielt.

Alle Spiele, die bei Wiederholungen gleich ablaufen, gehören nicht zu den Spielen im engeren Sinn. Darunter fallen z.B. Rätsel und Denksportaufgaben, die einmal gelöst ihren Reiz verlieren.

 

3.4 Zufall

Spielen ist Experimentieren mit dem Zufall (Novalis).

Der Zufall wird im Spiel mit Glück (oder Pech) bezeichnet. Spiele, die nur vom Zufall leben, bieten wenig Entfaltungsmöglichkeiten für die Spieler und sind meist langweilig.

Andererseits ist es der Zufall, der Spiele unberechenbar und interessant macht, und der Spiele jedesmal anders ablaufen läßt.

Wie kommt der Zufall ins Spiel:

  • über einen Zufallsgenerator (z.B. Würfel)
  • über verschiedene Ausgangssituationen (z.B. unterschiedliche Kartenverteilung)
  • über unvollständige Informationen (z.B. gleichzeitiges Ziehen, unbekannte Strategie des Mitspielers)
  • über eine sehr hohe Anzahl von Zugmöglichkeiten

Selbst die reinen Denkspiele enthalten den Zufall. Wäre es nicht so, so würden sie deterministisch ablaufen, und wir hätten keinen Gefallen daran, weil wir den Ausgang kennen würden, bevor wir anfangen zu spielen. Bei diesen Denkspielen liegt der Zufall in der großen Zahl der Zugmöglichkeiten begründet. Wegen der unermeßlichen Vielzahl der möglichen Züge, kennt kein Spieler die Gewinnstrategie, die zum Sieg führt.

Alle Spiele, die keinen Zufall enthalten, gehören nicht zu den Spielen im engeren Sinn.

 

3.5 Wettbewerb

Spiel steht in unserem Bewußtsein dem Ernst gegenüber, trotzdem kann es ernsthaft betrieben werden (Johan Huizinga).

Jedes Spiel stellt einen Wettbewerb dar. Die Spieler messen sich aneinander. Es gibt Sieger und Verlierer. Selbst bei den kooperativen Spielen, bei denen alle Spieler im Team zusammen spielen, findet ein Wettbewerb statt. In diesem Fall messen sich die Spieler an einer von der Spielregel vorgegebenen Aufgabe, d.h. die Spieler spielen gegen ein Spielsystem. Dies gilt auch für alle Solospiele (z.B. Patience, Solitär). Ein Wettbewerb setzt immer voraus, daß die Spielergebnisse gemessen und verglichen werden können. Der Wettbewerb und die Meßbarkeit sind die Kriterien, die das Spiel beschränken und die Ursache dafür sind, daß bestimmte Gefühle durch das Spiel - im Gegensatz zu Buch, Musik, Film - nicht ausgelöst werden können. Z. B.: Liebe, Zuneigung, Herzenswärme, Innigkeit, Sehnsucht, Friede, Harmonie, Eintracht, Schmerz, Trauer, Bestürzung, Grauen.

 

3.6 Spielen ist gemeinsames Erleben

Wer spielt bleibt nicht allein. Spiele sind Brücken, die Menschen zusammenbringen.

Spiele führen Menschen zusammen über Geschlechter, Generationen und Völker hinweg. Es gibt unter den Spielen eine kleine Gruppe, die man allein ausführt. Es sind dies die sogenannten Solospiele und die meisten Computerspiele. Alle übrigen Spiele sind Mehrpersonenspiele, die zu einem Gruppenerlebnis führen.

 

3.7 Gleichberechtigung

Im Spiel sind alle gleich.

In einem Spiel sind alle Spieler gleichberechtigt und haben die gleichen Gewinnchancen. Wo herrscht auf dieser Welt sonst noch absolute Gleichberechtigung? Ich denke, daß Kinder unter anderem deshalb so gerne spielen, weil sie im Spiel mit Erwachsenen gleichberechtigte Partner sind.

 

3.8 Freiheit

Solange der Mensch spielt, ist er frei. (Friedrich Sieburg)

Wer spielt, tut dies aus eigenem Antrieb. Er wird von niemand gezwungen oder genötigt. Er geht keiner Verpflichtung nach. Deshalb können wir ohne weiteres behaupten, Spielen bedeutet, frei zu sein. Das Wesen der Freiheit liegt allen Spielen zugrunde. Hier gilt der umfassende Spielbegriff.

3.9 Spielen bedeutet, aktiv sein

Spielen hilft verstehen. (Frederic Vester)

Wer ein Buch liest, einen Film sieht oder Musik hört, nimmt auf oder eignet sich an, handelt aber nicht. Während heutzutage die meisten Freizeitgestaltungen den Mensch zum passiven Verhalten verführen, bringt ihn das Spiel dazu, aktiv zu sein.

Je nach Spiel werden folgende Tätigkeiten ausgeübt:

  • Geistiger Bereich
  • Denken, Kombinieren
  • Planen,
  • Entscheiden
  • Konzentrieren
  • Gedächtnis trainieren
  • Wissen erwerben
  • Verständnis der Wirkungsweise von Systemen
  • Emotionaler Bereich
  • Regeln, Gesetze akzeptieren
  • Lernen, sich in eine Gemeinschaft einzufügen
  • Verlieren lernen
  • Sich und andere kennenlernen
  • Phantasie und Kreativität einsetzen
  • Motorischer Bereich
  • Geschicklichkeit üben
  • Reaktion üben

Ich bin sicher, daß Spielen zweckfrei, aber nicht sinnlos ist.

Die Aktivität im Spiel liegt allen Spielen zugrunde. Hier gilt der umfassende Spielbegriff.

 

3.10 Eintauchen in eine Spielwelt

Durch das Spiel können wir die Wirklichkeit begreifen.

Wer spielt, verläßt die Wirklichkeit und taucht in eine Spielwelt ein. Die Spielwelten der Spiele sind mit der Wirklichkeit vergleichbar. Diese Aussage gilt trotz der erheblichen Unterschiede der beiden Welten. Ich will dies damit begründen, daß der Ablauf der Wirklichkeit und der Ablauf der Spielwelt durch die gleichen Faktoren gesteuert wird:

  • Gesetze (Naturgesetze und die Gesetze der Menschen - Spielregeln, die Gesetzen gleichkommen)
  • Zufall
  • Eigenes Handeln (im Rahmen vorgegebener Grenzen)
  • Wettbewerb (die Besten setzen sich durch)
  • Ablauf und Ende sind unbekannt
  • Gleiche Sprache und Ausdrucksmittel

Trotz dieser Gemeinsamkeiten ist die Spielwelt nie Alltagswelt und die Wirklichkeit ist nie Spielwelt. Spielwelten haben einen begrenzten Raum und einen anderen Zeitbegriff.

 

4. Spiele sind Kulturgüter

Spiele sind eine Sache der Kultur und ein Spiegel der Zeit.

Im Laufe der Geschichte der Menschen entstand eine unerschöpfliche Fülle von Spielen. Manche Spiele sind mehrere tausend Jahre alt. Spiele sind älter als Schreiben und Lesen. Spiele sind so alt wie die Menschheit. In der heutigen Zeit werden Spiele als Konsumgüter betrachtet. Die Folge ist, daß immer mehr neue Spiele auf den Markt drängen und nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Die Zahl der Spiele ist unübersichtlich geworden. Das einzelne Spiel, auch wenn es sehr gut ist, hat es schwer sich durchzusetzen und wird, wenn der kommerzielle Erfolg ausbleibt, nach einem Jahr wieder vom Markt genommen. Das anspruchsvolle Spiel bekommt heute meist nicht die Zeit und die Unterstützung, die es brauchen würde, um bekannter zu werden. Ich behaupte, daß sowohl Schach als auch Skat heute keine Chance hätten, verlegt zu werden, weil sie zu komplex sind, und die Einarbeitungszeit zu lange dauert.

Diesem Trend zum Konsumprodukt Spiel wirken die Auszeichnungen "Spiel des Jahres" und "Deutscher Spielepreis" entgegen. Hier werden die Spiele, die aus einem Spielejahrgang herausragen, besonders gewürdigt und der Öffentlichkeit vorgestellt. So können die Spiele als das wirken, was sie sind: Kinder einer Kulturepoche und Spiegel der Zeit.

Enden möchte ich mit einem Zitat von Shakespeare:

Arbeit, Gebet, Mahl, Schlaf und Spiel - das sind die fünf Finger unserer Lebenshand

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